Wir schreiben den 14.01.2015, kurz nach den Anschlägen in
Paris und auch Nigeria. Ich steige in den Bus in meinem recht überschaubaren Wohnort
und ich bemerke, wie die anderen Insassen mich anschauen, als sei ein anderes
Wesen in den Bus gestiegen. Vielleicht blicken sie einfach aus Gewohnheit nach
oben, um zu sehen, wer einsteigt. Doch heute war es anders. In mir stieg das
Gefühl der Scham auf. Ich trage ein Kopftuch und dass ich Muslima bin, ist wohl nicht zu übersehen. Gerade ich als gläubige Muslima, die tief vom
friedvollen Islam überzeugt ist und weiß, dass die Anschläge niemals mit dem
Islam legitimiert werden können, fühle mich heute irgendwie unsicher und von
den Blicken der Menschen verurteilt. Ich fühle mich Mitschuldig. Halt. Ich
fühle mich nicht so, ich werde dazu gebracht, mich so zu fühlen. Die Berichte
in den Medien, die nur so sprudeln als gäbe es keinen morgen, machen die ganze
Sache nicht gerade zu einem Zuckerschlecken.
Ich lächele die Menschen im Bus trotzdem an und setze mich
hin. Was geht wohl gerade in den Köpfen dieser, und aller anderen, Menschen
vor? Werden wir Muslime jetzt erst recht in die Schublade der
radikal-fanatisch-extremistisch..(die Liste ist lang) und gewaltbereiten
Menschen gesteckt? Ich fasse es einfach nicht, dass mir das in der deutschen
Gesellschaft passiert. In meiner Heimat, die ich so liebe. Ich bin stolz darauf
hier geboren zu sein. Doch die ganzen Schuldzuschreibungen bürgen die Gefahr, insgeheim
eine gewisse Distanz in den Herzen der Muslime und auch in den Herzen der
deutschen Bürger zu schüren und damit eine Kluft zwischen beiden zu schaffen.
Doch dann dachte ich mir, dass es andererseits auch Menschen gibt, die
einfach so gut und auch mutig sind und Eigeninitiative zeigen, um den Frieden in der deutschen Gesellschaft zu fördern. Mein Schwiegervater ist Imam einer Moschee
in Münster. Er schickte mir ein Bild von einem Zettel, den er kurz nach dem
Ereignis in Paris im Briefkasten fand. Folgendes war auf diesem Zettel zu
lesen:
„Liebe
Mitglieder der islamischen Gemeinde! Ich möchte Ihnen versichern, dass es noch
viele Menschen in Deutschland gibt, die aufgeschlossen und freundlich gegenüber
anderen Kulturen und Religionen sind. Wir wissen, dass Gewalt nicht Bestandteil
des Islam ist und wir freuen uns über die Bereicherung, die auch von Ihrer
Gemeinde (hiermit ist die Ahmadiyya Muslime Gemeinde gemeint) ausgeht.
Freundlich Grüße.“
Welch ein Glücksmoment in mir hochstieg. Dieser kleine
Zettel gab mir Hoffnung und schenkte mir Mut. Dieser Zettel zeigte mir ganz
einfach, dass nur Idioten andere beschuldigen, ohne auch nur einen Moment darüber
nachzudenken. Menschen, die in die Falle der medialen Tricks tappen, kann nicht geholfen werden. Menschen, die sich von anderen Gruppierungen (Pegida) beeinflussen lassen, ohne auch nur ein Funken an Eigeninitiative aufzuweisen, kann auch nicht geholfen werden.
Ich lasse mich nicht von irgendwelchen Schuldzuschreibungen beeinflussen und werde jetzt erst recht zeigen, dass der Islam das Synonym des Friedens ist. I will kill them. With love!
P.S: Gerade an dem Tag, wo mir die Blicke der Bus-Insassen Sorgen bereiteten, sagte der deutsche Fahrer im nächsten Bus mit einem Lächeln auf dem Gesicht zu mir : Merhaba :).
Mein Appell an meine Mitbürger*Innen lautet, sich individuell für die Aufrechterhaltungen des Friedens einzusetzen und sei es nur mit einem Lächeln.