Donnerstag, 15. Oktober 2015

Die Grenzen des Grundgesetzes


Mit den „besorgten Bürgern“ nimmt die Anhängerschaft der Pegida zunehmend zu und die Politiker, und mit im Boot die Demokratie, bewegen sich so langsam aber sicher an den Hafen der absoluten Unsicherheit. Frau Merkel, aus einer wohlgemerkt christlichen Partei, wird zu viel Gutmütigkeit vorgeworfen. Denn politische Entscheidungen würden nicht mit dem Herzen, sondern mit Verstand geführt werden – so die Mehrheit der CDU-Mitglieder selbst. Ganz genau, denn das Grundgesetz ist zwar gut durchdacht, aber moralische Richtlinien und Normen sind eine Rarität. Reinster Verstand, wenig Moral.
Die Demokratie könnte gerade zurzeit als eine herzlose und eiskalte Mutter beschrieben werden, die ihren Kindern nicht genügend Mitgefühl vermittelt hat. Doch in Anbetracht der Umstände ist genau dieses Mitgefühl und andere moralischen Sitten auch in der aufgeklärtesten Gesellschaft ein wichtiger Bestandteil. Diejenigen, die nicht das Glück hatten, solche Sitten durch ihr Elternhaus vermittelt bekommen zu haben, sind Menschen mit wenig Verständnis für das „Andere“. So wie der Gesellschaftstheoretiker Bourdieu bereits feststellte, dass vieles, was der Persönlichkeit zugeschrieben wird, abhängig von der frühzeitigen Orientierung sei, die unweigerlich durch das familiäre Milieu bestimmt werde.[1] Doch eine gesunde Gesellschaft, eine gesunde Demokratie, sollte ebenfalls Werte vermitteln, die eine schlechte Luft vermeiden. Es sollen keineswegs Regelungen aufgezwungen werden, doch es sollten von Beginn an Grenzen aufgezeigt werden, die eine geschmackvolle Gesellschaft prägen sollten. Diese Gesellschaft sollte geprägt sein von Nächstenliebe, Hilfsbereitschaft, Ordnung, Mehr-als-Toleranz: Akzeptanz usw. Doch, so wie es aussieht, wird die Demokratie noch selbst an der Luft ersticken, die sie produziert hat.
Journalisten, denen unzureichende Ressourcen zugrunde liegen, schreiben unfassbar einseitige Artikel. Hierbei steht vor allem der Islam im Mittelpunkt. Durch dieses unzureichend reflektierte Wissen, das an die Otto Normalverbraucher gelangt, werden Vorurteile geschürt, die wiederrum das Leben im Alltag erschweren. Ganz nach dem Motto: Daran ist der Islam schuld! Eben weil das doch in der Bild stand. Doch anstatt einer eigenen Meinungsbildung, saugen die Gehirne der Bevölkerung solche Informationen wie Schwämme auf. Diese Informationen setzen sich fest – für immer. Und dem Journalisten mit der knackigsten Berichterstattung winkt schon der Applaus, wenn nicht gar eine Beförderung zu.
Doch zurück zur Geschichte mit den Werten: Eine Gesellschaft sollte nicht nur ein kahles Grundsetz als Richtlinie haben, sondern viel mehr als das. Denn es herrscht ein gewisses ethisches Defizit im Recht. Das Grundgesetz versucht das Miteinander von Staat und Gesellschaft zu regeln. Doch  tiefgründiger wird es nicht.
Es soll keinesfalls eine Verordnung von Moral geben, sondern vielmehr sollte die Bevölkerung auf moralische Normen hingewiesen werden. Kants kategorischer Imperativ wäre an dieser Stelle eine gute Hilfestellung. Der Hinweis auf ein moralisch korrektes Handeln könnte sicherlich zu einem enormen Schritt innerhalb einer Gesellschaft führen. Dies würde das Leben um einiges erleichtern. Es würde weniger besorgte Bürger*Innen geben und Gruppierungen wie Pegida o.ä. würden nicht solche Mitgliederzahlen erreichen wie heute. Denn die sich herauskristallisierende Tendenz der Ablehnung des „Anderen“ (also Einwanderer) zeigt auf, dass einigen Mitbürger*Innen wohl dieses ethische Bewusstsein für ein friedliches Miteinander an so manchen Stellen fehlt.
Sie verharren lieber in ihren eigenen Seifenblasen und stoßt diese mit anderen zusammen, platzt für sie diese Traumwelt in ihrer Seifenblase, in der sie leben.



[1] Bourdieu/Passeron, in Baumgart 1997: 235f